Von Krokodilen und Rennrädern
Nun ist schon wieder einige Zeit vergangen und auch das Ankunftsseminars hier in Étoile ist fast rum. 13 Freiwillige und 3 Betreuer verbringen hier noch bis Dienstag die Zeit, dann geht es für mich endlich nach Neuilly-Plaisance. Für die anderen, Peter aus Deutschland (kenne ihn schon vom ICJA Seminar), Maria und Fernando aus Costa Rica, Alexandro aus Kolumbien, Andrea, Pedro und Felipe aus Bolivien, Ziggi aus Ghana, Santiago und Mario aus Honduras, Lilly aus Südkorea und Chiu-Hua aus Taiwan, geht es dann ebenfalls in die Projekte. Manche sind in St. Malo, Reims oder Nizza, aber auch kleineren Orten in Frankreich. Die Gruppe an sich ist jedenfalls nett und ich bin mal gespannt, von ihren Erfahrungen zu hören wenn wir uns bei den weiteren Seminaren wieder sehen. Außerdem wird es interessant zu sehen, wie gut wir uns dann auf Französisch unterhalten können. Noch läuft das Meiste hier auf Englisch, wobei der Großteil der Gruppe sich untereinander auf Spanisch unterhalten kann.
Heute ist der erste Tag, an dem das Wetter uns im Stich lässt. Bisher haben sich zwar die ersten Blätter braun gefärbt, doch die Sonne hat uns die meiste Zeit die Möglichkeit gegeben, sich auch draußen aufzuhalten und dabei nur ein T-Shirt zu tragen. Wir haben dann auch so oft wie möglich die Gelegenheit genutzt, raus zu gehen. So waren wir letzten Samstag wieder in Lyon, wo ich den Stadtführer für Fernando und Peter gegeben habe, da ich ja schon die Woche vorher dort war. Peter und ich versuchen außerdem, so oft wie möglich Sport zu machen. Sei es, dass wir hier auf der Straße neben der Kapelle, oder auf dem nicht weit von hier gelegenen Bolzplatz Fußball spielen, Klimmzüge und Liegestütze machen oder Fahrrad fahren. Ja, ich bin für meine Verhältnisse wirklich viel mit dem Drahtesel unterwegs. Nachdem ich mit Solennes Freund Richard in Grenoble einen Berg erklommen habe und in Lyon mit den Citybikes unterwegs war, haben wir uns bei der örtlichen Emmaüs Communauté ein paar alte Fahrräder ausgeliehen. Jetzt freu ich mich richtig auf mein Emmaüs in Neuilly-Plaisance, was noch deutlich größer sein soll als die Gemeinschaft hier. Aber auch Emmaüs Étoile, wo wir einen Vormittag verbracht haben, hatte schon einiges zu bieten. Peter und ich hatten großen Spaß durch den ganzen alten Kram zu stöbern. Dort gab es wirklich fast alles. Von alten Golfsets über Geschirr, Rollstühle, Schränke, Klaviere, Elektrogeräten bis hin zu Fahrrädern. Wir waren begeistert – auch wenn bei den guten Stücken mal die Bremse nicht funktionierte oder der Rahmen angerostet war. Schließlich haben wir aber ein paar Räder gefunden und zu sechst eine kleine Radtour zur Rhône unternommen, wo wir schließlich ein Picknick gemacht haben.Als Peter und ich dann unsere Schuhe auszogen, um unsere Füße im Fluss abzukühlen (an dem Tag hatten wir wieder super Wetter), meinten die beiden Mädels aus Taiwan und Südkorea, ob das denn nicht zu gefährlich sei, es könnte doch Krokodile geben. Zum Glück hat mich aber keins angegriffen und so habe ich noch meine beiden Füße!
Während der letzten Woche waren wir außerdem mehrmals in Valence. Um dort hin zu gelangen, nehmen wir das Auto bzw. ich nehme das Auto und gebe den Chauffeur für die anderen. Macht schon Bock, mit dem Kangoo durch die Gegend zu cruisen - mit dickem Sound natürlich! Einmal waren wir einkaufen (ich musste mir einfach mal wieder was kaufen - ein H&M Hemd und so ne Art dünneren Pulli, weiß nich wie das heißen soll), einmal abends im Kino (Hors la loi – ein sehr krasser Film über die algerische Unabhängkeitsbewegung) und gestern abend unterwegs. Nen richtigen Club haben wir zwar nicht gefunden, aber dafür eine ganz nette Bar, wo auch Musik lief. Lange geblieben bin ich allerdings nicht, da ich wieder den Fahrdienst gemacht habe. Hat aber auch Spaß gemacht, nachts über Land zu düsen und dabei Hip Hop zu hören. Mal schauen, ob ich in Paris auch Auto fahren werde und ob ich das überhaupt will. Obwohl es sicher ein super Training ist. Erstmal will ich dort aber an ein Fahrrad kommen!
Das Seminar an sich ist leider etwas enttäuschend. Es erweckt den Anschein als wüssten unsere Betreuer nicht wirklich, wie sie ein tagesfüllendes Programm aufstellen und dieses auch durchsetzen. Da bin ich vom ICJA ganz anderes gewöhnt. Auch die anderen kennen das so nicht und sind enttäuscht bis geschockt. Wir haben einfach zu viel Freizeit, aber zu wenig Angebot, dazu sind die wenigen Programmpunkte wie französisch Unterricht ziemlich mager. Naja, Dienstag ist es ja vorbei und es geht nach Neuilly-Plaisance! Ich freu mich einfach, endlich anzukommen und meinen Kram auspacken zu können, mich zuhause zu fühlen. Bin wirklich sehr gespannt, was mich dort erwartet!
So, das war ein kleiner Überblick über die Zeit hier in Étoile. Obwohl das Seminar wie erwähnt nicht so spannend war, hatte ich, da die anderen nett sind, meinen Spaß und habe auch wieder einige schöne Dinge gesehen. Die passenden Bilder folgen demnächst, u.a. von meiner Tour auf dem alten Rennrad, Fotos von Valence, Crest (einer sehr schönen Kleinstadt hier in der Nähe), Lyon und natürlich dem Seminar hier.